Mit der Veröffentlichung der MBB/Kawasaki BK 117 B2 durch Nemeth Designs dürfte für viele virtuelle Hubschrauberpiloten ein Traum in Erfüllung gegangen sein – endlich eine FSX-native Umsetzung des beliebten und weltweit eingesetzten Helikopters. Wir haben dieses Produkt einmal ganz genau unter die Lupe genommen und diagnostizieren: Da wurde an vielen Stellen nicht sauber gearbeitet. So bleibt der Traum von einer rundum gelungenen BK 117 ein Traum und eine Kaufempfehlung gibt es auch nicht. Was gut ist und was schlecht, könnt ihr in unserem Add-On Check lesen!

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Fakten vorab

Hintergrundinfos anzeigen

Die MBB/Kawasaki BK 117, eine Gemeinschaftsproduktion des deutschen Herstellers MBB (Messerschmitt-Bölkow-Blohm) und den japanischen Kawasaki Heavy Industries (KHI), wurde 1982 in Dienst gestellt. Insgesamt verließen 513 Exemplare die Fertigung (380 in Deutschland), mittlerweile zählt MBB zu Airbus Helicopters (ehemals Eurocopter) – im Jahr 2002 wurde das letzte Modell produziert. Obwohl die BK 117 mittlerweile schon sehr in die Jahre gekommen ist, lässt sich der Hubschrauber insbesondere aus der Luftrettung und dem Polizeidienst noch immer nicht wegdenken. Weltweit setzen unterschiedlichste Betreiber das Modell aufgrund der hohen Zuverlässigkeit, der großen Kabine sowie der starken guten Flugleistungen ein.

Egal ob Neuseeland, Australien, die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Österreich oder Deutschland: Die BK 117 ist allgegenwärtig. Trotzdem sind ihre Tage zumindest hierzulande gezählt – sowohl der ADAC als auch die DRF Luftrettung werden ihre Bestände in den nächsten Jahren mit der hochmodernen EC 145 T2, einem Nachfolgermodell der BK 117 ersetzen. Der ADAC hat die gesamte Flotte bereits nach Neuseeland verkauft.

Bekannt wurde die BK 117 auch durch die Fernsehserie „Medicopter 117“, in der es um zwei Teams eines fiktiven Rettungshubschraubers geht, die im deutsch-österreichischen Grenzgebiet Leben retten.

 

Als eines der wenigen Entwicklerteams haben sich die zwei Nemeth-Brüder allein auf Helikopter fokussiert und mit der BK 117 B2 das am weitesten verbreitete Modell der Baureihe umgesetzt. Für rund $35, also nach aktuellem Kurs ca. 30€, kann das Produkt direkt beim Entwickler gekauft werden, nach dem Ausführen des 285 MB großen Installers muss noch eine Seriennummer eingegeben werden. Mit dabei ist auch ein 22 Seiten kurzes PDF-Handbuch.

Der Hubschrauber

Nemeth Designs BK-117 B2 AOC Bild 02

Im Paket sind vier verschiedene Modelle mit jeweils zwei Bemalungen enthalten – etwas mau, wenn man bedenkt, in wie vielen unterschiedlichen Konfigurationen die BK 117 eingesetzt wird und wurde. Eine Polizei-Version fehlt zum Beispiel völlig, und bei der Rettungswinde wurde leider nicht das weit verbreitete Modell der Firma Goodrich nachgebildet, sondern eine Variante, die fast nur in Australien und Neuseeland verwendet wird.

Die Texturen machen einen guten Eindruck und sind sehr scharf – Bump-Maps sorgen für die Nachbildung von Nieten. Auch Details wie Türscharniere, Türgriffe, Lufteinlässe und vieles mehr wurden nicht vergessen. Dies beherrschen die Nemeth Brüder offensichtlich aus dem Effeff, das Problem ist ein ganz anderes: Die Proportionen der Maschine passen an vielen Stellen einfach überhaupt nicht. Von vorne ist die Nemeth BK 117 viel zu rund, außerdem steht das reale Vorbild etwas nach hinten geneigt auf den Kufen – die FSX Version allerdings parallel zu eben diesen. Darüber hinaus sind die Piloten viel zu lang und stoßen schon fast an den Eyebrow-Windows an, auch sind die Heckfenster hinter den Schiebetüren zu groß ausgefallen. Kurzum: Hier wurde nicht fein genug gearbeitet. Wer das Original nicht so gut kennt, den wird dies nicht stören – den Rest jedoch schon.

Zum Glück sieht es im virtuellen Cockpit anders aus: Hier wurden die Proportionen bis auf den viel zu hoch eingestellten Collective (auch: Pitch) sehr gut getroffen, 3D-Instrumente und gute Texturen sorgen für ein sehr stimmiges Gesamtbild – in diesem „Pit“ lässt es sich mehr als aushalten. Auf eine Nachbildung der Kabine muss ebenso wenig verzichtet werden wie auf zahlreiche, bewegliche Schalter, Knöpfe sowie Schrauben und Muttern. Auch die Nachtbeleuchtung ist gelungen. Die Scheibenwischer sind animiert – dies hilft bei Regen aber leider reichlich wenig, dann färbt sich die Cockpitscheibe blau und lässt keinen Blick nach außen mehr zu – auch nicht, wenn die Heizung eingeschaltet wird.

Systeme und Flugdynamiken

Nemeth Designs BK-117 B2 AOC Bild 01

Es ist ja längst kein Geheimnis mehr, dass Hubschrauber im FSX eher stiefmütterlich simuliert werden und entsprechend sollte man bei der Systemtiefe auch nicht sonderlich viel erwarten. Nur leider haben sich die Entwickler von Nemeth Designs hier nicht wirklich Mühe gegeben. Erst einmal fällt es schwer, die BK 117 überhaupt zu starten, teilweise sind mehrere Anläufe notwendig, bis beide Turbinen laufen. Und dann hat der Vorgang mit der Realität absolut nichts zu tun beziehungsweise die Instrumente zeigen nicht das Richtige an: Die Nadel der N1-Anzeige schießt blitzschnell von 0 auf 75 in die Höhe, die Rotoren laufen sehr schnell an. Außerdem verlieren die Rotoren nach dem Shutdown fast keine Geschwindigkeit, hier muss zwingend die Rotorbremse verwendet werden, damit es in absehbarer Zeit zum Stillstand kommt. Dass das in der Realität auch der Fall ist, wage ich zu bezweifeln. Hier kann man leider nicht einmal ein Mindestmaß wie bei anderen Helikoptern erwarten; sehr ernüchternd. Als GPS-System kommt ein GNS530 zum Einsatz, welches keine besonderen Features bietet – FSX-GPS eben. Als nettes Extra lässt sich die Rettungswinde über die FSX-Kommandos bedienen.

Nemeth Designs BK-117 B2 AOC Bild 36

Zwei Dinge fallen sofort auf, sobald die BK 117 in der Luft ist. Zum einen muss kein Drehmomentausgleich mit den Ruderpedalen durchgeführt werden – die Maschine dreht sich beim Takeoff nicht um die eigene Achse, wie es bei Hubschraubern mit Haupt- und Heckrotor der Fall sein sollte. Zum anderen fühlt sich die FSX-Umsetzung stark untermotorisiert an. Flüge bei Maximalgeschwindigkeit sind unmöglich, ohne schon im Grenzbereich der Torque-Anzeige zu operieren, auch virtuelle Rettungseinsätze im Gebirge – wofür die BK 117 bekannt ist – möchten nicht wirklich Spaß machen. Als Beispiel: Youtube-Videos zeigen bei einer Geschwindigkeit zwischen 120 und 140 Knoten Torque-Werte von 60-70% an. Bei der Nemeth sind es schon fast 90%! Da fehlt es einfach massiv an Leistung.

Sound und Performance

Nemeth Designs BK-117 B2 AOC Bild 04

Die nachlässige Arbeit zieht sich leider wie ein roter Faden durch dieses Add-On. Mit dem Sound hält es sich ungefähr wie mit dem Außenmodell: Grundsätzlich sehr schön, aber zu viele Ungereimtheiten. Die Basis hört sich zwar sehr authentisch und klingt durchaus dem realen Vorbild. Aber das Startup-Geräusch im Cockpit hat man einfach vergessen, außerdem passt sich die Geräuschkulisse nicht dem veränderten Anstellwinkel der Rotorblätter an sowie der erhöhten Turbinenleistung, sondern bleibt stets gleich. Darüber hinaus fehlen Klick-Sounds ebenso wie z.B. das Geräusch beim Öffnen der Türen – schwache Leistung.

Wenigstens die Performance lässt sich sehen, denn die BK 117 hält sich hier im Mittelfeld und geht nicht sonderlich stark auf die Rechnerleistung – aber es gibt auch Hubschrauber, die wesentlich FPS-freundlicher programmiert wurden.

Das Fazit

Das Fazit fällt leider ziemlich ernüchternd aus – vieles stimmt einfach hinten und vorne nicht, das Wort „halbherzig“ hat noch nie so gut gepasst. Zu wenig Modelle, falsche Proportionen des Außenmodells, ein vollkommen verkorkster Startup-Prozess, unrealistische Flugdynamiken und ein unfertiges Soundset kombiniert mit einigen Fehlern lassen das Herz des BK-Liebhabers absolut nicht höher schlagen. Schade, denn die BK 117 wurde von vielen wirklich heiß erwartet. Wer ein bisschen herumkurven will und keine hohen Ansprüche hat, der könnte einen Kauf in Erwägung ziehen. Für alle anderen mit einem höheren Realitätsanspruch gilt: Dieses Add-On taugt im derzeitigen Zustand eigentlich nur als hübsches Modell denn als virtuelles Fluggerät, da muss dringend nachgebessert werden!

Zusätzliche Bemalungen

Sehr schöne Repaints für die BK 117 gibt es von Marius Krämer (EDRM-Repaints) auf dieser Seite – vielen Dank!

Entwickler:Nemeth Designs
Lizenz:Payware
Preis: $35,49 US-Dollar (ca. 30€)
Erscheinungsjahr:2014
FS-Version(en):FSX
Produktseite:Nemeth Designs Shop

Pro

  • virtuelles Cockpit sehr gelungen
  • Texturen und 3D-Design überzeugen
  • Performancewerte im grünen Bereich
  • stimmiges Eye-Candy

Contra

  • Proportionen des Außenmodells passen nicht
  • zu geringe Modellvielfalt
  • Systemtiefe nicht zufriedenstellend
  • Flugdynamiken unrealistisch
  • unfertiges Soundset
  • zu viele Bugs

Auszeichnungen

-keine

Frank Kuhn für flusinews.de

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Testsystem

Computer-Art: Desktop-PC

Hersteller, Produktbezeichnung: HP, Pavillion Slimline
Betriebssystem: Windows Vista Home Premium 64 Bit, Direct X9/X10
verwendete Flusi Version: FSX Gold

Prozessor: Core 2 Duo E7400 2x 2.80GHz
Arbeitsspeicher: 8GB
Grafik: NVidia GeForce GT 220
Festplatte: 640GB SATA 3,0 GB/Sekunde

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Autor

Hallo, ich bin Frank und schreibe seit 2011 für flusinews.de. Damals war unsere Website ein kleines Hobbyprojekt, heute eine wichtige Stimme in der Flugsimulator-Szene – auch wenn wir immer noch in unserer Freizeit schreiben. Auf flusinews.de kümmere ich mich um alles, was irgendwie mit Inhalten zu tun hat. Am liebsten schreibe ich ausführliche Hintergrundberichte über Themen, welche die Szene bewegen.

Bisher 4 Kommentare

  1. Es ist halt wie mit den anderen Nemeth Maschinen! Klang immer identisch und Steuerung wie ne Chessna.
    Ich hab jetzt parallel X-Plane laufen und wenn man da als Vergleich die AS 350 oder die kostenlose EC 135 her nimmt… das sind Welten!
    Mich hält als Drehflügelflieger nur noch die 407er Bell und meine ganzen ORBX AddOns im Prepar3d bzw FSX!
    Für Heli-Flieger ist Nemeth leider sehr enttäuschend, das zieht sich im Service/Forum ebenso durch!

    • Offensichtlich hat der Ersteller seine Internetadresse verändert, sodass der Link unter „Zusätzliche Bemalungen“ ins Leere ging. Jetzt sollte es gehen. 😉

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