Wenn man die Färöer in zwei Worten beschreiben müsste, wären „Schietwetter“ und „Schafsscheiße“ wohl treffende Begriffe. Doch trotz 300 Regentagen im Jahr erfreut sich die Inselgruppe im Nordatlantik steigender Beliebtheit bei Outdoor-Enthusiasten, Vogelkundlern und Fotografen – insbesondere wegen der schroffen und unberührten Natur. Matthias Seewald von Maps2XPlane hat die Färöer nun zusammen mit Albert Ràfols für X-Plane 11 umgesetzt und im Dezember 2018 bei Aerosoft veröffentlicht. Ob sich eine virtuelle Reise auf die Inseln lohnt, könnt ihr jetzt im Testbericht nachlesen.

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Fakten vorab

Die Färöer liegen im Nordatlantik zwischen Großbritannien, Norwegen und Island. Insgesamt umfassen die 18 Inseln knapp 1.400 Quadratkilometer, sind aber äußerst dünn besiedelt. Gerade einmal 50.000 Menschen leben hier, alleine 20.000 davon in und um die Hauptstadt Tórshavn. Zwar zählen die Färöer politisch zu Dänemark, die Inselgruppe verwaltet sich aber selbst und ist deshalb auch nicht Teil der Europäischen Union. Tor zur Welt ist der Flughafen Vágar, auf dem die färöische Fluglinie Atlantic Airways beheimatet ist. Um die gestiegenen Besucherzahlen zu bewältigen, wurde die Start- und Landebahn im Jahr 2011 um knapp 550 Meter verlängert. 2014 eröffnete ein neues Terminal. Außerdem befinden sich auf den Färöer zahlreiche Hubschrauberlandeplätze, zu denen die Atlantic Airways mit zwei AW139 regelmäßig Passagierflüge durchführt. Mit den Hubschraubern stellt die Fluglinie außerdem den Such- und Rettungsdienst (SAR) sicher.

„Faroe Islands XP“ von Maps2XPlane ist für 44,60 Euro im Aerosoft-Shop erhältlich, und zwar ausschließlich als Download-Produkt (Wir berichteten). Nach der Bezahlung gelangt das 1,2 Gigabyte große .zip-Archiv schnell und problemfrei auf die eigene Festplatte. Im Anschluss müssen manuell drei Ordner kopiert und händisch in der Scenery_Packs.ini angemeldet werden. Diese manuelle Installation gilt bei X-Plane 11 als Standard und funktioniert auch problemfrei. Nichtsdestotrotz wäre es schön, wenn Aerosoft in Zukunft einen optionalen Installer für technisch weniger versierte Anwender anbieten könnte. Im Handbuch finden sich einige generelle Hinweise zur Szenerie, dazu kommt ein Link zu entsprechenden Anflugkarten, welche auf der Internetseite der dänischen Flugsicherung Naviair zum kostenfreien Download im PDF-Format bereitstehen.

Die Färöer

Gleich beim ersten Flug über die Inselgruppe stellt sich sofort das Gefühl ein, wirklich dort zu sein. Die schroffen Felsklippen, das saftige Grün an den Berghängen und die kahle Landschaft sind wahnsinnig gut getroffen. Darüber hinaus ist der Wiedererkennungswert beeindruckend hoch. Die Berge Villingdalsfjall und Malínsfjall nahe der Ortschaft Viðareiði sehen aus wie in der Realität. Ebenso der Skælingsfjall auf der Insel Streymoy, von dem man früher dachte, es sei der höchste Gipfel des Archipels. Man verspürt den unterschwelligen Drang, sich beim nahegelegenen Outdoor-Händler mit wind- und regenfester Funktionskleidung auszustatten, um direkt im Anschluss einen zweiwöchigen Urlaub auf den Färöer zu buchen.

Dabei basiert die Add-On Szenerie nicht etwa auf fotorealen Bodentexturen, sogenannten Orthofotos. Stattdessen kommt ein benutzerdefiniertes Höhenmodell mit generischen Texturen zum Einsatz. Das tut der Darstellung aber keinen Abbruch, zumal die Farben einfach hervorragend zu den Inseln passen. Außerdem gibt es je nach Jahreszeit unterschiedliche Textursätze. Daher sind die Färöer im Winter dann auch schneeweiß – sehr schön.

Weniger schön ist, dass die Entwickler den einzelnen Städten und Ortschaften wenig bis keine Bedeutung beigemessen haben. Zwar haben die Färöer angepasste Autogenhäuser mit farbigen Außenwänden spendiert bekommen, für weitere Details wie parkende Fahrzeuge, Büsche oder Mauern hat es dann aber nicht mehr gereicht. Darum wirken die Häuser zuweilen ein wenig wie in die Wüste geschmissene Pappkartons. Ein weiteres Manko sind die fehlenden Küstenlinien. Praktisch nahtlos geht die grüne Landschaft ins Meer über. Die typischen zerfurchten, rauen und felsigen Ufer der Färöer? Leider Fehlanzeige. Das ist schade und sieht aus niedriger Höhe richtig schlecht aus.

Bedauerlicherweise gibt es noch weitere Kritikpunkte. So sind die Färöer eine Fischereination, und zwar die fünftgrößte im Nordatlantik. Satte 95% des Exportvolumens macht die Fischereiwirtschaft aus. Umso praktischer, dass die Häfen ganzjährig eisfrei sind. Im Flugsimulator sind sie leider auch „Schiff-frei“, denn Wasserfahrzeuge sucht man in der gesamten Szenerie vergebens. Im Hauptstadt-Hafen herrscht gähnende Leere, weder kleinere Boote, noch größere Trawler oder gar Fähren stehen dort. Auch in den Häfen der kleineren Dörfer sieht es nicht besser aus. Immerhin: Zumindest vereinzelte Aquakulturen zur Aufzucht von Lachs haben die Entwickler auf der Inselgruppe platziert.

Doch nicht nur die Schiffe fehlen, auch einzelne Sehenswürdigkeiten oder markante Gebäude sind schlichtweg nicht vorhanden, lediglich diverse VFR-Landmarken wie zum Beispiel Antennenmasten oder Windräder stehen in der Landschaft. Dabei hätte die färöische Architektur doch wahrlich genug Gebäude zu bieten, die eine Umsetzung wert gewesen wären. Zum Beispiel das Nordic House, ein Kongress- und Kulturzentrum mit Grasdach. Oder die historische Altstadt Tinganes in Tórshavn. Selbst in den abgelegenen Siedlungen wäre Potenzial vorhanden: Man denke nur an die vielen Kirchen, welche in keinem Dorf fehlen dürfen.

Die Hubschrauberlandeplätze

Wesentlich besser als die Dörfer machen sich die insgesamt acht Hubschrauberplätze auf dem Archipel – hier hat sich Entwickler Albert Ràfols richtig ins Zeug gelegt. Die geteerten Landeflächen reflektieren das Sonnenlicht, außerdem säumt volumetrisches Gras das Gelände. Sobald es dunkel wird, kennzeichnet die blaue Befeuerung die Landeplätze. Kleinere Details wie zum Beispiel Schranken, Zäune, Warnhinweise und sogar animierte Windsäcke finden sich ebenfalls bei den Helipads. Je nach Örtlichkeit kommen noch Treibstofftanks, Felsbrocken, kleinere Gebäude und Feuerlöscherkästen hinzu. Texturen und Modellierung der Gebäude und Objekte sind makellos.

Zu kritisieren wäre lediglich, dass die Landeplätze Hattarvík und Koltur fehlen, obwohl beide von den Hubschraubern der Atlantic Airways bedient werden. Auch das Nationale Krankenhaus in Tórshavn sowie die Stadt Skopun verfügen in der Realität über Helipads für medizinische Notfälle – nicht jedoch im Flugsimulator. Außerdem endet die detaillierte Umsetzung der Landeplätze relativ schnell hinter dem Zaun, sodass die restliche Umgebung dann weit weniger akkurat ausfällt.

Der Flughafen Vágar

Vágar ist definitiv eines der Highlights von Faroe Islands XP. Die Texturen für Start- und Landebahn, die Rollwege und das Vorfeld sind sehr scharf, kleine Risse zieren die gelben, roten und weißen Bodenmarkierungen. Dezente Spuren von Schmutz auf Beton und Asphalt zeugen von einem Flughafen, auf dem es häufig regnet. Je nach Sonnenstand und Wetterlage lassen sich zudem überzeugende Reflexionseffekte auf den Bodentexturen beobachten. Sehr schön zur Geltung kommt auch das Plateau, auf dem die abschüssige Start- und Landebahn liegt – laut Produktbeschreibung hat Matthias Seewald das Höhenmodell extra von Hand nachbearbeitet. Üppiges volumetrische Gras und die aufwendig als 3D-Modell nachgebildete Anflugbefeuerung komplettieren das authentische Bild.

Wirklich toll sind auch die Flughafengebäude in Vágar. Alle 3D-Modelle bieten viel Liebe zum Detail, selbst Überwachungskameras, Schilder, Treppen oder Dachluken wurden modelliert. Dazu kommen die scharfen Texturen, welche ebenfalls äußerst plausibel wirken. Besonders gut macht sich das neue Terminal mit der großflächigen Frontverglasung, auch wenn der Innenraum nicht modelliert wurde. Schön ist auch die Flagge der Färöer, welche sich je nach Windrichtung und -stärke entsprechend ausrichtet.

Leider sieht der Flughafen ein wenig ausgestorben aus. Zwar stehen auf den Parkplätzen eine ganze Menge Autos, das Vorfeld allerdings wirkt ziemlich verlassen. Lediglich in einer der Garagen stehen drei Fahrzeuge, vor der Gepäckhalle vereinsamt eine Pushback-Stange und neben dem Hangar der Atlantic Airways finden sich ein paar Paletten. Selbstverständlich ist auf dem Airport nicht so wahnsinnig viel los, ein paar mehr Objekte sowie animierte Fahrzeuge wären aber trotzdem wünschenswert gewesen. Denn aktuell verströmt Vágar in X-Plane 11 die Atmosphäre eines Flughafens, der erst noch eröffnet werden muss. Dem könnten auch passende statische Flugzeuge entgegenwirken, zum Beispiel ein Airbus A319 der Atlantic Airways. Wählt man im Menü von X-Plane 11 statische Flugzeuge aus, stehen etwa zwei Boeing 737 von Delta und den Alaska Airlines auf dem Vorfeld – nicht sehr realistisch.

Wer Vágar während der Dämmerung anfliegt, kommt in den Genuss der überaus gelungenen Nachtbeleuchtung. Hervorragend sieht die zurückhaltende Anflugbefeuerung aus, doch auch die Flutlichtstrahler auf dem Vorfeld machen einen guten Eindruck. Dafür sorgen dynamische Beleuchtung und Physically Based Rendering (PBR). In der Nacht sollte man die Färöer allerdings nicht anfliegen. Das liegt nicht etwa daran, dass die Szenerie in X-Plane 11 bei völliger Dunkelheit schlecht aussehen würde, ganz im Gegenteil. Vielmehr ist Vágar nur von 08:00 Uhr bis 20:30 Uhr (bis 20:00 Uhr während der Wintermonate) geöffnet.

Apropos Winter: Für die kalte Jahreszeit gibt es auch hier ein eigenes Texturpaket. So sind die Dächer der Flughafengebäude weiß, wobei der aufgemalte Schnee mangels dreidimensionaler Umsetzung nicht so recht wirkt – bei den Autogen-Häusern sieht das besser aus. Asphalt und Beton auf dem Vorfeld und der Runway sind komplett schneefrei, das entspricht aber der Realität. Denn aufgrund des milden Klimas auf der Inselgruppe bleibt der Schnee in bewohnten Gebieten allgemein nicht lange liegen – oder der Wind bläst ihn weg.

Die Performance

Bedenken in Bezug auf die Ablaufgeschwindigkeit muss man bei Faroe Islands XP nicht haben. Die spärliche Bebauung sorgt in Kombination mit viel Wasser und den gänzlich fehlenden Bäumen auf der Inselgruppe für Bildwiederholungsraten weit über 30 Frames pro Sekunde, selbst bei stark bewölktem Himmel und mit komplexem Fluggerät.

Das Fazit

Die Färöer für X-Plane 11 kranken ein wenig daran, dass die Zielgruppe der Add-On Szenerie nicht ganz klar ist. Für virtuelle Passagierpiloten ist das Paket mit knapp 45 Euro für den kleinen Flughafen eigentlich viel zu teuer. Gleichzeitig gibt es für Hubschrauberpiloten – abgesehen von der Landschaft – kaum etwas zu entdecken, weil Sehenswürdigkeiten und Schiffe nicht vorhanden sind. Von daher wirkt Faroe Islands XP ein wenig so, als hätten Matthias Seewald und Albert Ràfols ihr Projekt auf halbem Weg zum Ziel abgebrochen und schließlich unfertig auf den Markt gebracht. Dabei wurde reichlich Potenzial verschenkt.

Trotzdem begeistert die Szenerie mit einer wirklich gelungenen Nachbildung der färöischen Landschaft. Wer die Färöer einmal in X-Plane 11 erkundet hat, den lässt diese faszinierende und wunderschöne Inselgruppe einfach nicht mehr los. Dazu kommen der größtenteils wirklich gelungene Flughafen Vágar und die acht Hubschrauberlandeplätze. Unter diesen Umständen fällt eine Bewertung nicht leicht. Klar ist aber, dass Faroe Islands XP in seiner aktuellen Fassung zu teuer ist. Wir sprechen uns deshalb für eine solide Bewertung mit starker Tendenz ins Positive aus – auch in der Hoffnung, dass die Entwickler in Zukunft ein Service-Pack nachliefern. Dann hat Faroe Islands XP noch Potenzial, eine richtig empfehlenswerte Szenerie zu werden.

EntwicklerMaps2XPlane, Albert Ràfols
PublisherAerosoft
LizenzPayware
Getestete Version1.0
Preis44,60 Euro
Erscheinungsjahr2018
FS-Version(en)X-Plane 11
ProduktseiteAerosoft.com

Pro

  • komplette Inselgruppe enthalten
  • faszinierende Nachbildung der färöischen Landschaft
  • hoher Wiedererkennungswert
  • saisonale Texturen
  • Flughafen Vágar sehr gelungen
  • schöne Hubschrauberlandeplätze

Contra

  • Preis zu hoch
  • Autogen sieht nur mittelmäßig aus
  • fehlende Schiffe und Sehenswürdigkeiten
  • Vorfeld wirkt etwas verlassen
  • einige reale Landeplätze fehlen
Zusammenfassung
3

Kurzfassung

Faroe Islands XP ist eine solide Nachbildung der autonomen Inselgruppe im Nordatlantik. In Anbetracht des hohen Preises sollten die Entwickler aber noch mehr Details nachliefern.

Sending
Leserbewertung:
4.17 (12 Bewertungen)

Auszeichnungen

  • keine

Frank Kuhn für flusinews.de

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Testsystem

Computer-Art: Desktop-PC
Hersteller, Produktbezeichnung: Eigenbau
Betriebssystem: Windows 10 Home, 64bit
verwendete Flusi Version: X-Plane 11.30

Mainboard: ASRock Z170 Gaming K4
Prozessor: Intel Core i7-6700k @4×4,2GHZ
Arbeitsspeicher: 16GB DDR-4 (2x 8GB)
Grafik: NVIDIA GeForce GTX 1060 6GB
Festplatte (OS): Intenso SSD Sata III
Festplatte (Flugsimulator): Crucial MX200 SSD


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Autor

Hallo, ich bin Frank und schreibe seit 2011 für flusinews.de. Damals war unsere Website ein kleines Hobbyprojekt, heute eine wichtige Stimme in der Flugsimulator-Szene – auch wenn wir immer noch in unserer Freizeit schreiben. Auf flusinews.de kümmere ich mich um alles, was irgendwie mit Inhalten zu tun hat. Am liebsten schreibe ich ausführliche Hintergrundberichte über Themen, welche die Szene bewegen.

Bisher immerhin 1 Kommentar. Besser als nichts.

  1. Wirklich tolle Review, der Ersteller hat sich viel Mühe gegeben !!!

    Vielen Dank für den Bericht.

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