Ende Juni 2017 veröffentlichte vFlyteAir Simulations die Piper PA-30 Twin Comanche, und zwar ausschließlich für X-Plane 11. Uns hat natürlich interessiert, wie so ein Add-On aussieht, das die Features des neuen Simulators voll ausschöpft. Nach einem ausführlichen Test können wir die PA-30 uneingeschränkt empfehlen, auch wenn an einigen kleinen Stellen noch etwas Luft nach oben ist. Mehr dazu jetzt hier im Add-On Check!
Fakten vorab zur Twin Comanche
Die Piper PA-30 Twin Comanche wird als zweimotoriges Leichtflugzeug klassifiziert und feierte 1962 ihren Erstflug. Knapp zehn Jahre lang baute Piper über 2.000 Exemplare. Das Flugzeug bietet Platz für insgesamt vier Personen. Angetrieben wird es von zwei Lycoming IO-320-B1A Boxermotoren, optional können außerdem Tip-Tanks montiert werden.
Für exakt US$ 29,95 kann die vFlyteAir-Umsetzung entweder direkt beim Hersteller oder bei X-Plane.org käuflich erworben werden. Nach dem Kauf muss eine 670 Megabyte große Zip-Datei heruntergeladen werden. Die Installation geschieht manuell, indem der Ordner ins Aircraft-Verzeichnis von X-Plane 11 entpackt wird. Das funktioniert ohne Probleme. Zur Dokumentation liegt ein 30 Seiten langes, optisch ansprechend gestaltetes PDF-Handbuch auf Englisch bei. Hier werden allgemeinen Features des Add-Ons erläutert, außerdem erklärt vFlyteAir kurz den Start der Motoren und listet die technischen Spezifikationen der Twin Comanche auf. Zwar liegen keine Checklisten bei, dafür gibt es allerdings auch das neue, interaktive Menü. Doch dazu später mehr.
Das Flugzeug
Vom Außenmodell her macht die PA-30 bereits ab der ersten Sekunde eine äußerst gute Figur. Sofort tun sich die hochaufgelösten PBR-Texturen mit ihren tollen Reflexionen hervor. Das fällt in erster Linie während der Dämmerung oder in der Nacht auf, wenn Beacon- und Strobe-Lights den Heckstabilisator beleuchten – Wow! Kleine Schriftzüge wie der Hartzell-Schriftzug auf den Propellern sind gestochen scharf zu erkennen, und überall wo es passt haben die Entwickler Spuren von Schmutz eingefügt. Insbesondere bei der Betrachtung von unten schaut die Twin Comanche deshalb wirklich fantastisch aus.
Bei all dem Lob für die Texturen sollte jedoch nicht vergessen werden, dass auch das 3D-Modell selbst voll und ganz zu überzeugen weiß. Sogar kleine Finessen weiß vFlyteAir gekonnt nachzubilden, die Einlassungen an den Tragflächen für die Navigationlights sind neben der bemerkenswerten Imitation des Fahrwerks nur ein Beispiel dafür. Abgerundet wird das authentische Bild durch die gelungenen 3D-Propellereffekte.
Etwas weniger spektakulär, aber auf einem immer noch sehr hohen Niveau, zeigt sich das virtuelle Cockpit. Zunächst einmal wurde die gesamte Kabine in einem wirklich ordentlichen Detailgrad modelliert, die Texturen sind scharf und gelungen. Weiterhin sind alle Schalter entsprechend in 3D vorhanden, ebenso sämtliche Instrumente. Durch die Nutzung von Physically-Based-Rendering auch im Cockpit kann man zudem die sehr ansehnlichen Reflexionen der unterschiedlichen Materialien bestaunen, besonders das Glareshield und die Instrumente stechen hier heraus. Richtig gut kommt auch die nächtliche Beleuchtung im Cockpit. Bei der Authentizität des Instrumentenbrettes kann sich vFlyteAir jedoch noch steigern. Zum einen wirken die Texturen so, als sei man noch nicht am Ende der Möglichkeiten angelangt. Und dann sollte in Zukunft unbedingt darauf geachtet werden, dass die 3D-Instrumente nicht so flach wirken, wie das in der PA-30 der Fall ist.
Systeme und Flugdynamiken
Bei den Systemen zeigt sich abermals, dass die Entwickler viel Arbeit in ihr Produkt gesteckt haben. Bereits das zu Beginn erwähnte, interaktive Menü ist ein wirklich tolles Feature. Hier lassen sich unter anderem die Tip-Tanks an- und abmontieren, außerdem können Beladung, Betankung und ein paar weitere Optionen ausgewählt werden. Das alles wirkt sich natürlich auch auf das Flugverhalten aus. Richtig genial ist aber erst die interaktive Checkliste, mit der das Abarbeiten der Prozeduren beinahe zum Kinderspiel wird. Es erscheinen je nach Einstellung auch Tipps oder Warnungen auf dem Bildschirm. Perfekt, wenn man sich mit dem Flugzeug noch nicht so gut auskennt.
Doch nun rein in den Flieger und die Motoren gestartet – wenn man denn den Zündschlüssel finden würde. Ein Blick ins Handbuch sorgt für Klarheit: kein Zündschlüssel, die Startschalter sind am linken Seitenpanel verbaut. Das ist eine Spezialität der echten PA-30. Alle wichtigen Abläufe werden akkurat simuliert, dazu gehört auch das Treibstoffsystem mit sechs separaten Tanks, welches außerdem des Simulators programmiert wurde. Hier gilt: wegen fehlendem Crossfeed rechtzeitig die Tanks am Fuel-Panel wechseln, sonst ist (zumindest bis zum Neustart der Motoren) Schicht im Schacht.
Bei der Avionik setzt vFlyteAir auf das X-Plane GNS530, das bereits wichtige Funktionen wie SID/STARs unterstützt. Optional kann auch das RealityXP GNS530 verwendet werden, eine entsprechende Konfigurationsdatei liegt bei. Zudem wurde der Avidyne AXP340 Transponder extra für die Twin Comanche programmiert, inklusive Stoppuhr, ADS-B-Out, Flugzeitanzeige und Höhenüberwachung. Der AutoFlite III Autopilot ist nicht sonderlich kompliziert gestrickt, funktioniert aber einwandfrei und hält Höhe sowie Kurs ohne Probleme.
Doch wie sieht es mit den Flugdynamiken aus? Die Twin Comanche fliegt sich ziemlich gut, dank des X-Plane-Flugmodells wirkt sie schön dynamisch, speziell bei Windböen. Beim Fliegen muss man nicht mit irgendwelchen Überraschungen rechnen, lediglich das Halten der Spur beim Takeoff erfordert etwas Fingerspitzengefühl. Sonst ist die PA-30 ziemlich gutmütig und macht auch bei der Landung keine Probleme. Das wirkt glaubwürdig für eine zweimotorige GA-Maschine.
Sound und Performance
Für den Sound hat vFlyteAir die neue FMOD-Soundengine verwendet, die von Laminar Research für X-Plane 11 lizenziert wurde. Das sorgt im Flugsimulator für einen richtig schön räumlichen Klang. Wer hochwertige Wiedergabegeräte sein Eigen nennt, der wird sich mit einem Grinsen über den „Surround-Sound“ beim Drehen des virtuellen Kopfes im Cockpit freuen. Unterschiedliche Klicksounds sind vorhanden, und dazu kommen dann noch ein paar spezielle Effekte. So kann man sich im Cockpit das Headset aufsetzen, was die Lautstärke angenehm dämpft. Auch beim Öffnen der Türen und Fenster wird es sofort lauter. Trotz der tollen Effekte klingt der Sound aber noch etwas eingeschlafen, selbst wenn das Update in der V1.2 bereits einen großen Fortschritt brachte.
Laut den Designern läuft die PA-30 im Schnitt 7-10FPS langsamer als die Standard Cessna 172 aus X-Plane 11. Diese Werte haben sich im Test weitestgehend bestätigt, wobei die Ablaufgeschwindigkeit stets noch im Rahmen war. Eine bessere Performance wäre dennoch von Vorteil, gerade mit Blick auf detailliertere Szenerien. Allerdings steht hier wohl eher Laminar Research in der Pflicht, X-Plane 11 selbst noch besser zu optimieren. Schließlich wird es auch mit den Standard-Flugzeugen gerne mal eng, gerade in dicht besiedelten Flächen und bei hohen Einstellungen.
Das Fazit
Mit der Piper PA-30 Twin Comanche zeigt vFlyteAir, was man aus X-Plane 11 herausholen kann. Mit Abstrichen im Cockpit kommen die Physically-Based-Rendering-Texturen wunderbar zur Geltung und sorgen in Kombination mit dem hochdetaillierten Modell für ein realistisches Gesamtbild. Während Systeme und Flugdynamiken keinen Anlass zur Kritik geben, ganz im Gegenteil, könnten die Audioaufnahmen der Motoren und Propeller gerne noch etwas verbessert werden. Nichtsdestotrotz offenbart die neue FMOD-Soundengine ihre unbestreitbaren Stärken, und auch die Performance ist (gerade so) noch im grünen Bereich. Schlussendlich können wir das Produkt allen Fans von zweimotorigen GA-Maschinen nur empfehlen, schließlich fallen die kleinen Makel kaum ins Gewicht.
Entwickler: | vFlyteAir Simulations |
Lizenz: | Payware |
Getestete Version: | 1.2 |
Preis: | $29,95 US-Dollar |
Erscheinungsjahr: | 2017 |
FS-Version(en): | X-Plane 11 (nur Windows) |
Produktseite: | vFlyteAir Store // X-Plane.org Store |
Pro
- hochdetailliertes Modell
- geniale Texturen mit Physically-Based-Rendering
- interaktives Menü
- gute Systemtiefe
- authentische Flugdynamiken
- FMOD-Sound
Contra
- virtuelles Cockpit könnte noch einen Ticken besser sein
- Sound könnte lebendiger sein
- Performance auf schwachen Systemen ggf. kritisch
Zusammenfassung
Kurzfassung
Die Piper PA-30 Twin Comanche von vFlyteAir Simulations ist ein gelungenes GA-Flugzeug, welches die neuen Möglichkeiten von X-Plane 11 voll auszuschöpfen weiß. Zwar gibt es noch einige kleine Ecken, an denen Verbesserungsbedarf besteht, trotzdem können wir dieses Add-On nur empfehlen!
Leserbewertung:
( Bewertungen)Auszeichnungen
-keine
Frank Kuhn für flusinews.de
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Testsystem
Computer-Art: Desktop-PC
Hersteller, Produktbezeichnung: Eigenbau
Betriebssystem: Windows 10 Home, 64bit
verwendete Flusi Version: X-Plane 11.02pb
Mainboard: ASRock Z170 Gaming K4
Prozessor: Intel Core i7-6700k @4×4,2GHZ
Arbeitsspeicher: 16GB DDR-4 (2x 8GB)
Grafik: NVIDIA GeForce GTX 1060 6GB
Festplatte (OS): Intenso SSD Sata III
Festplatte (X-Plane 11): Crucial_CT500MX200SSD1
Bisher 5 Kommentare
Ich bin von der PA-30 enttäuscht, die Dynamics sind zu statisch. Da könnte ich auch zu FSX zurückkehren. Das „Aussehen“ ist mir da eher nicht so wichtig. Als „Referenz“ gilt für mich im GA-Bereich immer noch die AirfoilLabs Cessna 172…alles darunter ist sein Geld nicht wert!
Hallo Thorsten, danke für deine Rückmeldung. Was genau meinst du mit Dynamiken? Das Flugverhalten insgesamt (liegt zu ruhig in der Luft?) Das Motorverhalten? Wenn du uns etwas genauer beschreibst, was dir fehlt, könnten wir es in einem Update vielleicht berücksichtigen.
Hallo Mario,
ich hoffe meine Kritik war nicht zu harsch; Aber im Ernst: Schon das Rollen am Boden könnte man realistischer Gestalten, z.B. in dem das Flugzeug mal nach rechts oder links leicht „ausbricht“. Auch im Fluge verhält sich das Flugzeug zu Träge. Normalerweise ist es ständig „In Bewegung“. Auch das vermisse ich sehr. Ich habe keine Ahnung wie sich sowas programmieren lässt, aber ich glaube sehr das Euch AirFoillabs da echt voraus ist. Ein weiteres Beispiel wäre die Reaktion des Flugzeugs auf das Ein- und Ausfahren der Klappen, ich finde da verhält sich Eure Comanche zu brav.
Nein, keine Sorge 😉
Allerdings bin ich noch nicht ganz überzeugt von den Kritikpunkten selbst, was u.a. daran liegt, dass ich nicht weiß, was du unter „ausbrechen“ verstehst. Ich verstehe darunter einen plötzlichen Richtungswechsel, wie er in der Luft z.B. bei Turbulenzen auftritt. Aber wenn die Luft ruhig ist, dann fliegst du manchmal wirklich wie auf Schienen (davon bin ich während meiner Flugstunden selbst immer noch überrascht. Es sind real oft viel weniger Korrekturen nötig, als einen X-Plane glauben machen will).
Oder beziehst du dich auf Sachen wie Torqueeffekt, d.h. die langsame Drehung um die Propellerachse? Die sollte bei unserem Modell eigentlich vorhanden sein, wenn auch abgeschwächt im Vergleich zum übertriebenen Defaultverhalten.
Auf dem Boden bricht normalerweise auch nichts aus, wenn man richtig lenkt (außer ich trete unvermittelt ins falsche Seitenruder, wie bei meiner 2. Flugstunde oder neulich bei Takeoff-Übungen, wo ich mal ganz vergessen hatte, zu lenken).
Bei der AirFoilLabs wirkt übrigens auch deshalb viel in Bewegung, weil sie zusätzliche Kamerabewegungen hat (die G-Force-Effekte). Da wird aber nicht das Flugzeug bewegt, sondern bloß die Kamera. Etwas ähnliches kann man mit SimCoders HeadShake in allen Flugzeugen erreichen.
Hallo Mario,
sollte ich mich diesbezüglich (also meine Kritikpunkte) tatsächlich geirrt haben? Warum eigentlich nicht… Super jedenfalls, das Du direkt nachgehakt hast. Die Comanche steht geduldig in meinem Hangar. Dann werde ich sie wohl nochmal rausrollen und einen weiteren Flug mit etwas „anderer“ Aufmerksamkeit starten.
Thorsten