Buchreview: Alles im Griff – Aerosoft Airbus A320

Alles im Griff – Aerosoft Airbus A320: Der Airbus A320 hat sich seit den 1980er Jahren zu einem der verbreitetsten verbreitetesten Kurz- und Mittelstreckenjet entwickelt und ist nicht nur hierzulande, sondern auf der ganzen Welt reichlich anzutreffen. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass die Flugsimulatorgemeinde inzwischen mit der neuesten Version des Busses von Aerosoft eine gut getroffene Replik besitzt, die sich großer Beliebtheit erfreut. Klar ist, dass komplexe Verkehrsflieger, wenn sie denn eine konsequente Systemtiefe aufweisen, für den ungeschulten Nutzer erst nach einer gewissen Einarbeitungszeit im vollen Umfang nutzbar sind. Rolf Fritze – Mitglied des Entwicklerteams des Aerosoft Airbus, hat Anfang des Jahres in einem praktischen Handbuch eine komplexe Bedienungsanleitung vorgelegt. Wir haben es uns einmal aus Sicht des Airbus-Laien angesehen.

Alles im Griff – Aerosoft Airbus A320: Überblick und Bezug

Bei der Entwicklung des Aerosoft Airbus war Rolf Fritze, der übrigens kein Flugzeugingenieur oder Verkehrspilot ist, laut Angabe auf dem Buchrücken vor allem bei der Dokumentationserstellung und der kritischen Überprüfung von Bedienung und Funktionalität beteiligt. Wer einmal den Step-by-Step-Guide im Handbuch des Airbus mitverfolgt hat, dem dürfte Fritzes angenehme Art, die Procedures zu erläutern und logische Handlungsabfolgen aufzustellen, bekannt vorkommen.

Das Buch ist beim VST-Verlag (bekannt durch das FS MAGAZIN) zu beziehen und kostet 34,50€ exklusive Versand. Man bekommt ein 195 Seiten starkes, gebundenes Buch sowie ein nochmals 42 Seiten umfassendes Booklet, in dem wichtige Systeme sowie Karten und Panels noch einmal abgebildet sind. Dazu aber später mehr.

Geschrieben ist das Werk laut eigener Angabe vor allem für diejenigen, die „sich an die […] Schwierigkeiten [eines komplexeren Flugzeuges] heranwagen wollen“. (S. 5) Außerdem möchte der Autor allen, die der englischen Sprache nicht so mächtig sind, wenn schon alle Handbücher und Systeme englisch bezeichnet sind, doch wenigstens deutschsprachige Erklärungen hierfür liefern.

Inhalt und Aufbau

Zunächst muss man feststellen, dass man hier ein gut strukturiertes Buch vor sich hat. Für die Orientierung sorgen je ein umfangreiches Inhalts-, Abkürzungs- und Stichwortverzeichnis. Außerdem finden wir eine Fülle von Internetlinks zu interessanten Bezugsquellen bspw. für Wetterdaten oder die so wichtige Takeoff-Performance-Berechnung.

Hervorzuheben ist aber auch die äußerst gelungene Visualisierung im Buch. Hier hat sich jemand richtig Gedanken gemacht und eine didaktische Meisterleistung vollbracht. Wir sehen nicht nur Screenshots, sondern vielmehr handbearbeitete Karten, verständlich mit Kurzinfos versehene Instrumentenbretter, Tabellen und Vieles mehr. Obwohl das Buch mit Text vollgestopft ist bis zur letzten Seite (was anfangs erschlagend wirken kann), bleibt es durch eine präzise Gliederung immer übersichtlich. Die Schriftgröße ist ebenfalls angenehm gewählt.

Nach einer kurzen Vorstellung der derzeit gängigen Flugsimulatoren und eine kleine Geschichte des Airbus A320 beginnt ein reich bebilderter Überblick über die verschiedenen Panels und die dort möglichen Anzeigemodi. Das ist wichtig, denn die Bildschirme im Airbus strotzen vor scheinbar kryptischen Abkürzungen – doch jede einzelne bekommt bei Rolf Fritze eine Erklärung. Gelungen ist insbesondere eine Übersicht über den Seitenaufbau der Multifunction Control und Display Unit (MCDU), die in ihrer Tiefe essentiell für die Ansteuerung und Performance des Fliegers verantwortlich ist.

Hier sollte man sich gut einlesen, denn ein Großteil des Frustes bei so komplexen Nachbildungen von Flugzeugen entsteht durch fehlerhafte oder falsch eingegebene Daten, mit denen der Boardcomputer arbeitet. Nach der Vorstellung aller Instrumentenbretter hat Rolf Fritze nun einen Beispielflug von München nach Nizza gewählt, um die einzelnen Phasen des Fluges und vor allem der Bedienung des Fluggerätes zu erläutern. Gut, dass hier nicht der gleiche Flug wie im Step-by-Step-Guide des Aerosoft Airbus’ dargestellt wird, denn das würde den Sinn des vorliegenden Buches dann doch etwas in Frage stellen.

Vom Wetter bis hin zur Kartenschau wird eine intensive Vorbereitung durchgeführt – interessant insbesondere für alle die, die zum ersten Mal nach richtigen Procedures fliegen und zum Beispiel eine STAR korrekt abarbeiten wollen.

Mindestens genauso wichtig wie die navigatorische Übersicht ist die Treibstoff- und Takeoff-Performance-Berechnung, die der Autor nachvollziehbar erklärt. Im nächsten Schritt erfolgt die Vorbereitung des Fliegers und hier kommen dann übersichtliche Tabellen zum Einsatz, in denen jeder einzelne Checkpunkt in chronologischer Reihenfolge sichtbar ist. Diese Tabellen sind der wirkliche Pluspunkt des Buches, man kann sich an ihnen entlanghangeln, findet die entsprechenden Panels schnell und es ist auch völlig klar, welcher Schalter, Knopf und Hebel in welcher Position stehen, leuchten oder dunkel sein muss. Das ist Gold wert und sehr durchdacht. Die Programmierung des MCDU wird anhand kleiner gelber Rahmen um die zu drückenden Buttons erleichtert und immer wieder weisen im Fließtext rote Ausrufezeichen und Fettgedrucktes auf wichtige Punkte oder Missverständnisse hin – denn wer die gewählte Höhe im Autopilot nicht durch Drücken des Auswahlschalters bestätigt, wird sich später wundern, warum der Flieger nicht steigt.

Wenn man dann den Flug nach Nizza absolviert hat, fühlt man sich bereits wesentlich sicherer auf dem Gefährt und kann sich nun spezielleren Verfahren widmen, denen das Buch viel Platz einräumt. Angefangen wird beim Startabbruch und seinem Pendant, dem Go Around. Darauf folgen Erläuterungen zu diversen Möglichkeiten, einen Flughafen anzufliegen und dies auch richtig einzuprogrammieren. Hier werden wichtige Informationen insbesondere zur Planung von Instrumentenanflügen gegeben und verständlich Begriffe wie MDA/DH oder RNAV erklärt. Diese zu entdecken und zu verstehen, ist eine tolle Erfahrung und eine Bereicherung übrigens auch für andere Flugzeugmuster. Für die Abwicklung der Anflüge hat Rolf Fritze eine gute grafische Darstellung gewählt, anhand der die einzelnen Phasen und Stati des Airbus deutlich werden. Jeder Schritt ist nachvollziehbar und wenn man zwischendurch mal die Pausetaste drückt, vergisst man auch nichts einzugeben oder einzustellen.

Ein weiteres Kapitel des Buches befasst sich mit diversen MCDU-Prozeduren, das heißt, den vielfältigen Programmiermöglichkeiten des Boardcomputers. Vom Eingeben des eigentlichen Flugplanes über das Abfliegen einer Holding bis hin zum Feintuning des Endanfluges ist alles dabei und konsequent reich bebildert.
Den Abschluss des allgemeinen Teils des Buches bildet ein Kapitel, in dem verschiedene Einflüsse auf das Flugerlebnis erläutert und deren Sinn für die Steigerung der Authentizität erläutert werden. Vor allem geht es um Zusatzprogramme für Wetter, Flugplanung und ATC sowie um die „richtige“ Hardware für den doch sehr performanceintensiven Aerosoft Airbus. Dieses Kapitel bestätigt einmal mehr die Grundintention des Buches, für Anfänger geschrieben zu sein, ist jedoch auch für erfahrenere Kollegen nicht uninteressant.

Wichtig für das Gesamtkonzept des Buches ist der nun folgende Teil mit den Checklisten und Procedures, die jetzt noch einmal ohne viele Zusatzinformationen dargestellt sind. Hier wird man sich dann beim dritten, vierten oder xten Flug aufhalten und, wenn man die Reihenfolge beachtet, ein sehr ermunterndes Flugerlebnis genießen. Des Weiteren sind an dieser Stelle noch die Kennwerte des Fliegers, also Gewicht, Spannweite und co. aufgeführt.

Eingangs wurde bereits das beiliegende Booklet erwähnt, das bei der Arbeit mit dem Buch eine wichtige Rolle spielt, da es ein tausendfach unnötiges Blättern zwischen den verschiedenen Kapiteln unnötig macht. Alle Systeme und Panels sind noch einmal kurz bezeichnet (wichtig, wenn man mal nicht weiß, wo welcher Schalter sitzt), sowie die Karten für den Beispielflug nach Nizza nochmals in lesbarer Größe abgebildet. Das Booklet ist eine kreative Idee und für die Handhabung des Buches eine wirkliche Bereicherung.

Es gibt exakt zwei kleine Haken, die das Buch hat. Zum einen wäre aus Sicht des Layouts sicherlich ein Ringbuch die bessere Wahl gewesen. Die Papierstärke würde es hergeben und die Seiten würden sich nicht ständig verblättern. Der andere Punkt ist, dass einige der abgebildeten Karten und Screenshots unscharf bzw. zu niedrig aufgelöst sind. Das ist kein Beinbruch, wirkt aber bei aller Professionalität des Buches und angesichts des Preises doch etwas störend.

Das Fazit

Ein ca. 34 Euro teures Handbuch hat nicht nur den Zweck, einem Flusi-Enthusiuasten dabei zu helfen, den Flieger in die Luft zu bekommen (das würde man auch ohne schaffen). Nein, es ist Teil eines Identifikationsprozesses mit dem Produkt Airbus. Es hilft, die „wunderbar merkwürdige Logik“ (siehe Handbuch Aerosoft Airbus) des europäischen Flugzeugbauers zu verstehen, seine Programmodi, Eigenschaften und vor allem auch, aus dem Nutzer einen wenn nicht besseren, so doch aber bestens informierten Leser- und Hobbypilot zu machen. Es ist immer reizvoll, die Möglichkeiten eines komplexen AddOns im Flugsimulator einmal komplett bis in die Tiefe auszuschöpfen und ein Buch ist als Tutorial hierfür sehr viel besser geeignet als ein langweiliges .pdf-Dokument. All dies ist Rolf Fritze mit seinem Werk „Alles im Griff“ gelungen. Man hat mit diesem Buch viel Freude und wird den Aerosoft Airbus A320 nach der Lektüre dieses Werkes viel besser verstehen und mögen, als vielleicht vorher schon.

Jens Leuteritz für flusinews.de

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