Der erfahrene Pilot Jacky wandert aus seiner Heimat Kanada aus, denn ihm wird es zu kalt dort oben. Sein neues Zuhause ist die Karibikinsel St.Barth, auf der er nun zusammen mit seiner Frau wohnt.
In Teil 3 unserer Screenshot-Story erfahrt ihr, wie sich der Buschpilot bei seinem neuen Arbeitgeber, einer karibischen Fluggesellschaft, macht. Sommer, Sonne, Strand, Flugzeuge: Was gibt es Schöneres? Unter „Weiterlesen findet ihr den letzten Teil der Geschichte.
Die Sonne scheint in das Zimmer, es wird immer heller, und langsam wache ich ganz von selbst auf. Das ist unheimlich schön, denn in Nordamerika musste immer der Wecker dafür sorgen, dass ich rechtzeitig wach werde, hier geht das ganz von alleine. Ich stehe auf, dusche schnell und ziehe mir meine Arbeitsklamotten an: Ein Pilotenhemd mit kurzen Ärmeln und Krawatte, eine lange, aber luftige Hose und natürlich die klassische Flieger-Sonnenbrille. Dann creme ich mich noch mit Sonnenmilch ein, denn ich bin das sonnige Wetter nicht gewohnt, am Tag der Ankunft hatte ich bereits üblen Sonnenbrand, aber wir haben hier ja auch 25°C. Ich gehe auf die Terasse unseres Hauses, welches immerhin fast fertig eingerichtet ist, und frühstücke gemütlich mit meiner Frau. Wunderschön, dieser Ausblick hier. Nachdem wir beide fertig mit Essen sind, begebe ich mich zum Flugplatz in St Barth.
Den Weg lege ich mit dem Fahrrad zurück, denn man braucht so lediglich fünf Minuten zum Airfield. Dort erwartet mich bereits Greg, einer der erfahrensten Piloten der Fluglinie, für die ich ab heute unterwegs bin. „Morgen Jacky, wie geht’s dir?“ „Wirklich klasse, das Wetter ist hier doch um einiges besser als in Kanada. Da gewöhnt man sich bestimmt schnell dran.“ „Auf jeden Fall, du wirst es lieben.“ Erst einmal müssen wir beide nach St Maarten kommen, denn dort steht die Twin Otter, mit der wir gleich den ersten Flug durchführen werden. Natürlich hat auch Greg ein privates Flugzeug, denn er wohnt auch in St. Barth, und so fliegen wir zusammen mit seiner Cessna Centurion II zum Princess Juliana Airport. Wir steigen in den Flieger, nachdem Greg die Checks durchgeführt hat, dann startet mein Kollege auch schon den Motor. „Kennst du dich mit der Centurion aus, Jacky?“ „Nein, bisher bin ich nur mit der 185 oder größerem Gerät geflogen.“ „Na, macht nichts, du fliegst, das bekommst du schon hin.“ „Äh, jo!“
Zugegeben, das ist schon etwas unheimlich, wenn man einen fremden Flugzeugtyp fliegen soll.Und ich habe auch nicht unbedingt das Bedürfnis, die Privatmaschine von Greg gleich am ersten Tag zu schrotten, aber gut. Ich gebe also Gas und ziehe die Cessna hoch, der Start hat also schon einmal geklappt. Ich muss sagen, die Kiste fliegt sich ziemlich gut. Es geht in Richtung St. Maarten, und Greg weißt mich an, auch noch die Landung zu übernehmen. Also gut. Klappen und Fahrwerk raus, eine Platzrunde drehen und dann wird’s ernst. Immerhin kümmert sich Greg um den Funk – das bin ich aus Kanada nicht gewöhnt. Ich verringere die Geschwindigkeit und gehe in den Sinkflug über. Wir fegen über den Strand hinweg, auf dem sich schon ein paar Spotter versammelt haben und dann setzte ich auf. Das ging tatsächlich überraschend gut, auch wenn die Landung noch etwas weicher hätte sein können.
Wir rollen zum Abstellplatz, dann steigen wir aus und begeben uns zum Gebäude der Fluggesellschaft. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Chef und einer Vorstellungsrunde mit den Kollegen, welche mich übrigens sehr herzlich willkommen hießen, steht auch schon mein erster Flug mit der Karibik-Otter an, wie ich sie jetzt mal nenne. Der alltägliche 11:30 Uhr Flug nach St.Barth, und ich soll die Passagiere fliegen. Hier scheint man wirklich großes auf mich zu halten, denn den neuen gleich ans Steuer zu lassen, das machen wir noch nicht einmal bei den ersten Trainingsflügen oben in Kanada. Nachdem alle eingestiegen sind und das Gepäck verstaut ist, lasse ich die Turboprops an. Ein wundervolles Geräusch. Während Greg zur Runway taxelt, kümmere ich mich um den Funk. „Juliana Tower, Twin Otter PJ-WIMVFR to St. Barth, request departure information“.
Am Rollhalt der Runway 10 angekommen, wird die Startfreigabe erteilt. „Twin Otter WIM, Runway 10“. „Twotter WIM, you’re cleared for takeoff Runway 10“.
Wir starten also und fliegen in Richtung St Barth. Auf den Flug erfahre ich, dass die Runway 10 auf St. Barth aktiv ist. Liebend gerne hätte ich den Anflug von der anderen Seite gemacht, denn beim Approach auf die 10 geht es erst über die Gustavia Beach, dann über die Straße, auf welcher oft Spotter stehen, hinweg und letztendlich im Sturzflug auf die Landebahn. Ich drehe ein, die Klappen werden ausgefahren und der Spaß geht los. „Rumms!“, die Twotter setzt auf, ich knalle nach alter Buschflieger-Manier den Umkehrschub rein. Nun rollt Greg zum Abstellplatz, damit die Passagiere nach dem Abstellen der Turbinen aussteigen können. „Jacky?“ „Jo?“ „Gute Landung. Wir haben dich richtig eingeschätzt, du hast es in der Tat drauf“. „Dankeschön, aber die Erfahrung im Busch scheint hier wirklich von Vorteil zu sein.“
Per Funk bekommen wir einen neuen Auftrag: Ein Kunde will in 30 Minuten nach St. Eustatius geflogen werden. Eine Stunde später fände der Linienflug statt, aber wer zahlt, der wird auch von uns transportiert, deswegen genießen wir noch eine kalte Limonade am Flugplatz, um mit dem Passagier, einem bekannten Filmstar, zur Nachbarinsel zu fliegen. Die Landung ist geradezu langweilig, aber es muss ja auch nicht immer spannend sein. Wir machen noch ein Foto mit unserem Fluggast und fliegen dann zurück nach St. Maarten, für mich ist der erste Tag geschafft, erst morgen geht es dann so richtig los, dann trainieren wir den Anflug auf Saba. Gemeinsam mit John fliege ich wieder nach St. Barth zurück, denn er hat heute auch kein volles Programm. „Morgen geht’s dann richtig los, Jacky“. „Daran bin ich ja gewöhnt“. Diesmal fliegt Greg, und auch die Landung übernimmt er selbst. „Dann bis morgen, Greg!“ „Genau, dir noch einen schönen Abend“. „Dir auch, danke“.
Ich fahre mit dem Fahrrad zurück zu meinem Haus und verbringe den Rest des Tages mit meiner Frau auf der Terasse mit Meerblick.
3 Monate später…
Mittlerweile habe ich mich schon gut eingelebt und auch die schwierigen Anflüge bekomme ich nun auch problemlos hin. Zusammen mit Greg fliege ich gegen Abend mit der Twin Otter nach St. Barth, weil wir morgen von hier einen Rundflug starten werden. Im Landeanflug entdecke ich etwas mir bekanntes: Eine blauweiße Beech 55 auf dem Abstellplatz. Die kommt mir doch irgendwie bekannt vor, außerdem hat die Kiste eine US-Registrierung. Kurz vor dem Touchdown bin ich mir dann sicher: Es ist die Beech von Chris, was für eine Überraschung!
Nachdem die Twotter abgestellt worden ist und ich aussteige, kommt mir auch schon ein bekanntes Gesicht mit einem breiten Grinsen entgegen. „Abend Jacky, kennst du mich noch?“ „Na klar doch, Chris. Was verschlägt dich hierher?“ „Wir haben einen Karibik-Urlaub gewonnen“. „Na, herzlichen Glückwunsch. Aber wieso hast du mir nichts davon gesagt?“ „Naja, sonst wäre es ja langweilig gewesen. Leider war der Flug nicht mit inbegriffen, da dachte ich, fliegen wir mit der Beech runter“. „War auf jeden Fall eine gute Idee. Und deine Frau?“ „Die ist bereits bei deiner im Haus, soll heißen wir können den Abend an der Bar genießen“. „Genial. Das hier ist übrigens Greg“.
Ich stelle Greg kurz vor, dann gehe ich schnell mit Chris zu mir nach Hause, um die Kleidung zu wechseln und etwas Luftiges anzuziehen. Wir treffen uns zu dritt am Airfield und gehen gemeinsam in die Stadt, um den Abend gemütlich an der Bar ausklingen zu lassen. „Ist dir eigentlich schon aufgefallen, dass ich die 2-Blatt-Propeller der Beech ausgewechselt und jetzt die 3-Blatt-Version eingebaut habe?“ „Nee, wenn ich ehrlich bin, habe ich das noch gar nicht bemerkt. Aber ich habe dir ja gleich gesagt, du sollst die alten Teile auf den Schrotthaufen befördern“. „Stimmt, mit den neuen fliegt es sich auch besser.“