Die Flugsimulation kennt zwei Grundspezies, nämlich virtuelle Militärpiloten und Zivilisten. Das hat vor allem historische Gründe. Die aus heutiger Sicht eher putzig anmutenden Luftkämpfe mit der Sopwith Camel im FS4 erfüllten die Erwartungen der virtuellen Militärpiloten wohl nicht so ganz. Und umgekehrt erwiesen sich die „Zivilisten“ als systemverliebte Tüftler und Szenerie-Ästheten, denen in ihrer Harmoniebedürftigkeit jeglicher Kanonendonner zutiefst zuwider war. Ein Bericht über die UH-1H „Huey“ für den Digital Combat Simulator von Stefan Benzinger.

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Nun gibt es seit einiger Zeit den „Digital Combat Simulator“ oder kurz DCS. Und seit 2014 gibt es dazu die Bell-UH 1 H „Huey“ von Belsimtek. Meine Neugier hat schließlich die gewachsene Skepsis gegenüber allem militärischen (Simulations-) Gedöns besiegt, und so krame ich meine alte Pilotenkombi und die Lederjacke aus der Kiste auf dem Dachboden und rücke zur virtuellen Wehrübung ein.

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Uff – nach so langer Zeit wieder in Uniform. Die erste Woche beginnt mit einer Orientierungsphase im Fliegerhorst. Der befindet sich DCS-typisch in einer der aktuellen Konfliktregionen der Welt, nämlich zwischen dem Schwarzen Meer und dem westlichen Kaukasus. Das Gebiet ist abwechslungsreich: relativ dicht besiedelte, von Flüssen durchzogene Ebenen wechseln sich mit wilden Gebirgsregionen rund um das Elbrus-Massiv ab. Die Schwarzmeerküste hingegen bietet fast schon mediterrane Verhältnisse.

Navigatorisch wird es kniffelig. Es gibt zwar einige ADF, VOR, TACAN und ILS in der Region. Geflogen wird aber primär „auf Sicht“. Und das heißt im Huey nichts anderes als „mitfranzen“. Das nimmt uns gottlob der Co ab, der uns immer eine etwas ältliche NATO-Karte unter die Nase hält. GPS – Fehlanzeige!

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Die Wetterfrösche in ihrer Warte briefen uns ausführlich: anders als in früheren Militärsimulatoren lässt DCS über den Umweg des Missionseditors recht umfangreiche Einstellungen an der Umwelt zu. Die Oberfläche ist einfach zu bedienen und erlaubt grob gesagt Einstellungen wie bei den großen zivilen Simulatoren. Sogar dynamische Geschehnisse wie Frontendurchzüge lassen sich einbinden. Für eilige Nutzer stehen fertig geschnürte Klima- und Umweltpakete bereit.

Am zweiten Tag bekommen wir dann endlich unsere gute alte Bell zu sehen. Die Technik hat ganze Arbeit geleistet und uns ein Prachtstück hingestellt! Nicht nur Oberfläche, sondern auch Tiefe beeindrucken sehr. Neben einer gelungenen virtuellen Kabine mit komplett klickbarem VC überzeugt die systemtiefe Darstellung des Huey bis zum korrekten Ausfall einzelner Anzeigen bei gezogener Sicherung. Wie es sich für eine Militärsimulation gehört, wird auch ein umfangreiches Schadensmodell mitgeliefert, das übrigens nicht nur Schäden durch Beschuss darstellt. Auch Fehlbedienungen zeigen Folgen. Ein wahlweise zu aktivierender Zufallsgenerator speist zufällige Ausfälle ein.

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Auch das Flugmodell begeistert! Nach Hochfahren der realistisch simulierten Turbine mit ihrer eindrucksvollen Soundkulisse beeindruckt eine sehr gelungene Umsetzung der Helikopter-typischen Aerodynamik, die wir bei Microsoft und P3D so schmerzlich vermissen. Die Besonderheiten des Heli-Fliegens mit dem Zusammentreffen von viel Leistung, einer hochempfindlichen Steuerung und der Trägheit einiger Tonnen Masse sind sehr plausibel wiedergegeben.

Der Elbrus ist mit seinen 5.642 Metern hoch genug, um die Lycoming-Gasturbine unseres betagten Fluggerätes ans Limit zu bringen. Wohl dem, der die Performance-Daten seines Huey kennt und Torque, RPM und die EGT stets im Auge behält. Die Unterlagen dazu händigt uns der Technische Offizier der Staffel gleich zu Beginn in Form eines sehr umfangreichen Handbuches aus.

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Auf den ersten Flügen machen wir uns mit den vielfältigen Einsatzprofilen des Huey im DCS vertraut. Neben Transport für Mensch und Material gibt es Absetzübungen (fast rope), Außenlasttransporte, C-SAR-Einsätze, Gebirgsflüge und sogar Nachtflüge mit Restlichtverstärkerbrillen. Manchmal sind wir auch in Formation unterwegs, die zu halten auch so ihre Tücken hat. Einen Großteil der Missionen kann man übrigens fliegen, ohne einen einzigen Schuss abzugeben.

Etwas Ernüchterung stellt sich jedoch bei den Ausflügen in die Umgebung ein: Im Gegensatz zur recht detaillierten Modellierung bei Fahrzeugen und Fluggerät besteht die Besiedlung aus den immer gleichen Gebäuden. Vieles wirkt unplausibel und stereotyp. Ein Tanklager in einem einsamen Hochgebirgstal ist ebenso deplatziert wie hohe Baukräne in einem kleinen Dorf oder Hochspannungsleitungen, die irgendwo beginnen und abrupt mitten in der Pampa enden.

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Ebenso ist das Geländemodell recht grob, was sich vor allem im Gebirge unschön zeigen kann. Die Texturierung ist aus der Ferne noch passabel, aber gerade in bebautem Gebiet besteht viel Verbesserungspotential. Bei der Landung zeigt sich dann ein besseres Bild mit 3D-Gras und Büschen.

Nach vier Wochen endet meine Wehrübung: mit einer erfolgreichen Kampagne als UN-Pilot in einem spanischen Geschwader, der Beförderung zum Oberleutnant und einer Verlängerung meiner militärischen Fluglizenz.

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Was bleibt, ist die Freude an einer wirklich gelungenen Umsetzung der Bell, die in sehr vielen Aspekten selbst hochwertige Produkte wie den Huey X von Aerosoft oder die Dodosim Bell 206 deutlich hinter sich lässt. Getrübt wird die fliegerische Freude etwas durch die fade Szenerie des DCS.

Es bleibt aber vor allem die Erkenntnis, daß es neben den aktuellen rein zivilen Simulatoren sehr beachtliche Entwicklungen gibt, die den Blick über den Tellerrand absolut lohnen. Berührungsängste mit militärischem Simulationsgut sind hier völlig fehl am Platze. Wer nicht schießen will, muss das nicht tun. Einfach fliegen und genießen funktioniert wunderbar.

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Bisher 4 Kommentare

  1. Sehr schöner Artikel, der sich auch mit meinen Erfahrungen deckt. Auch die Jets lassen sich friedlich bewegen und bieten eine spannende und realistischere Abwechslung zum FS.

  2. Ich habe nur leider bei DCS komplett die Orientierung verloren. Da gibt es inzwischen glaube 3-5 Versionen kommt drauf an Alpha Beta Final usw verschiedene Versionen auch noch.
    Habe es vor Jahren schon gehabt und weiss nun nicht mehr was aktuell ist.

    • Aktuell ist die Version 1.5 der DCS World die gültige Plattform, die es als kostenlosen Download gibt. Die brauchst Du, um die Zusatzmodule wie den Huey erwerben und fliegen zu können. In der kostenlosen DCS-Version 1.5 sind zwei Flugzeuge enthalten. So kann man in aller Ruhe testen.

      Alle anderen Module sind entweder in alpha oder beta-Stadien. Die braucht eigentlich nur, wer sehr neugierig ist und einen Blick in die Zukunft machen möchte.

      Die Existenz von verschiedenen Versionen, Modulen und Addons zum Teil eingeschränkter Kompatibilität sind in der Tat sehr verwirrend. Ich habe auch einige Zeit gebraucht, um durchzublicken. Das liegt einfach an der wechselvollen Entwicklungsgeschichte dieser Plattform. Mittlerweile ist aber alles sehr viel klarer: Version 1.5 laden, installieren, anmelden, fliegen, freuen.

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